Chargesheimer
Chargesheimer – eigentlich Karl-Heinz Hargesheimer, der sich ab 1948 Chargesheimer nannte, ist insbesondere bekannt für seine innovativen Photobücher, heute begehrte Sammlerobjekte. Im Laufe seines Schaffens hat er insgesamt 17 Photobücher herausgegeben, an acht weiteren war er beteiligt. Legendär ist Unter Krahnenbäumen von 1958, die Publikation wirft einen tiefsinnigen Blick auf die Kölner Nachkriegsgesellschaft, die ihren Alltag unter schwierigen Bedingungen zu meistern weiß, wo Gemeinschaft und soziales Miteinander den Stadtraum prägen. Eine Dekade später, 1970, führen die menschenleeren Motive in der Chargesheimers Publikation Köln 5 Uhr 30 eine Stadt vor Augen, in der das Auto den öffentlichen Raum dominiert, in der für gesellschaftliches Leben kein Platz mehr zu sein scheint.
Über diese dem Dokumentarischen verbundenen Projekte hinaus hat sich Chargesheimer auch in experimenteller Hinsicht mit dem Medium der Photographie beschäftigt. Aus diesem Werkbereich besitzt die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur ein Album aus dem Jahr 1961, das zehn Lichtgraphiken umfasst (Lichtgrafik. Monoskripturen, gebundenes Album mit zehn Chemigrammen auf Gelatinesilberpapier, Hrsg. und Vorwort Christophe Czwiklitzer, Text Hubert Berke, Köln, Paris 1961). Ohne Einsatz der Kamera entstanden, untersuchen die Bildwerke vor allem die materialen Facetten und Möglichkeiten der Photographie. Der chemische Prozess, einer der Grundlagen der Dunkelkammerentwicklung, wird hier von Chargesheimer in zahllosen Variationen abgewandelt, unterbrochen oder gar gänzlich konterkariert. Der Künstler verändert Konsistenzen, Temperaturen oder bearbeitet das Negativmaterial etwa durch Schaben oder Wischen. So sind photographische Werke von ausgesprochen malerischer Wirkung entstanden, die Anklänge an die Bildsprache des Abstrakten Expressionismus und des Informel aufweisen.
Chargesheimer wird bevorzugt als Photograph rezipiert, doch er war auch Journalist, Theaterregisseur und Bühnenbildner und hat skulpturale Installationen geschaffen – ein gattungs- und medienübergreifend denkender und agierender Künstler von charismatischer Persönlichkeit, wie Weggefährten und Freunde vielfach betont haben.
Biographie
1924
geboren in Köln
1947
photographiert für verschiedene Bühnen
1948
erste Lichtgraphiken und Metallskulpturen
1950–1955
Lehrtätigkeit und erste journalistische Arbeiten
1957
durch die Porträtaufnahme des Bundeskanzlers Konrad Adenauer wird Chargesheimer über Köln hinaus bekannt
1960–1966
Theaterarbeit als Bühnenbildner und Regisseur
1971
gestorben in Köln
Einzelausstellungen (Auswahl)
1950
Photokina-Bilderschauen, Köln; Französisches Kulturinstitut, Köln
1955
Kölnischer Kunstverein, Köln (mit Bernhard Heiliger)
1956
Galerie Seidel, Hannover, 1958 (mit Oskar Sommer)
1989 und 2007
Museum Ludwig, Köln, 1989
Publikationen (Auswahl)
Cologne Intime, Köln: Greven, 1957; Im Ruhgebiet, Text Heinrich Böll, Köln; Kiepenheuer und Witsch, 1958; Unter Krahnenbäumen, Vorwort Heinrich Böll, Köln: Geven, 1958; Romanik am Rhein, Köln: Greben, 1959; Menschen am Rhein, Frankfurt/M.: Büchergilde Gutenberg, 1960; Zwischenbilanz, Köln: Greven, 1961; Theater Theater, Frankfurt/M.: Büchergilde Gutenberg, 1967; Köln 5 Uhr 30, Köln: DuMont Schauberg, 1970